Hamburger Start-up Aimotion

baut vernetzte Sound- und Lichtsysteme, die sich per Smartphone steuern lassen. Die Konkurrenz ist hart.

 

Hamburg.  Aileen Herpell (30) und Timo Lühmann (32) hören gern Musik bei der Arbeit. Etwas Deep House am Morgen, um in Schwung zu kommen, am Nachmittag eher ruhigen Pop. Wer in der Zentrale der Firma Aimotion allerdings nach einem Lautsprecher sucht, der wird erst einmal nicht fündig. Die Klang scheint sich irgendwie von oben in der Fabriketage auszubreiten, die versteckt in einem Hinterhof an der Ottensener Borselstraße liegt. Lühmann deutet an die Decke, an der eine große Leuchte aus Glas und Edelstahl hängt. Von dort kommt die Musik.

Das Start-up Aimotion hat ein vernetztes Licht- und Soundsystem entwickelt, das per Fernbedienung oder Smartphone-App gesteuert werden kann. Klingende Leuchten, Spiegel und diverse Spezialanfertigungen hat das Unternehmen im Programm, die alle über ein drahtloses Netzwerk miteinander verbunden werden können. „Es reicht, das System einfach an den Strom anzuschließen“, sagt Lühmann. „Eine weitere Verkabelung ist nicht nötig.“

LED-Lampen mit Effekten

In der Deckenleuchte im Büro stecken ein selbst entwickelter Subwoofer und vier Hochtöner, die den Klang gleichmäßig im Raum verteilen. Die Musik holt sich das System über Streamingdienste wie Spotify, vom iPhone oder über die heimische Anlage. „Aimotion ermöglicht es, Stereoklang an jeder Stelle des Raumes in hoher Qualität zu genießen“, sagt Lühmann. Ein Wisch über den Lautstärkeregler in der Smartphone-App und die Musik dringt bis in die letzte Ecke des Büros. Ein weiterer Wisch und das Licht der Deckenleuchte wechselt von einem sanften Orange zu kühlem Blau und dann zu Violett. Die darin verbauten LED-Lampen machen diese Effekte möglich.

„Die erste Version unseres Systems habe ich schon im Studium entwickelt“, erzählt Ingenieur Lühmann, der an der HAW Hamburg einen Bachelor-Abschluss in Maschinenbau erworben hat. Er ist der Tüftler im Aimotion-Team. Schon als Teenager baute er sich seine eigenen Drei-Wege-Lautsprecher und brachte die Verkabelung unter der Modelleisenbahn seines Vaters wieder in Ordnung. Nach dem Studium hatte er Angebote von Daimler in Harburg und anderen großen Unternehmen. „Ich fand es aber spannender, mich mit meiner Idee selbstständig machen.“

Eigene Finanzierung

Lühmann tat sich mit der gebürtigen Kielerin Aileen Herpell zusammen, die in Mannheim Betriebswirtschaftslehre studiert hatte. Zusammen gründeten sie 2015 Aimotion und quartierten sich als Untermieter einer Ledermanufaktur in der Ottensener Fabriketage ein. Lautsprecher und LED-Lampen lassen sie sich von anderen Herstellern zuliefern, zusammengebaut werden die Leuchten aber in der eigenen Werkstatt.

„Wir haben den Aufbau des Unternehmens ganz aus eigener Kraft finanziert“, sagt Herpell. Schwarze Zahlen schreiben die Gründer noch nicht – das ist bei Start-ups in dieser Phase aber auch nicht zu erwarten. „Am Anfang ist es natürlich schwierig, alleine von seinem neu gegründeten Unternehmen zu leben. Allerdings stimmt uns die Entwicklung sehr positiv, immer mehr Kunden fragen unsere Produkte nach“, so die Betriebswirtin.

Sound- und Lichtsystem für Swimmingpool

Ein gutes Dutzend ihrer Systeme haben die Aimotion-Gründer mittlerweile verkauft. Darunter waren aufwendige Spezialanfertigungen wie ein drei Meter langer Spiegel, der beim Betreten des Bades Musik spielt, oder ein komplettes Sound- und Lichtsystem für einen Swimmingpool. „Überwiegend haben wir unser System bislang bei Privatleuten installiert“, sagt Herpell. „Es eignet sich aber gut für Arztpraxen, Galerien oder andere Firmen, die nach einer eleganten Lösung suchen.“

Einfach wird es sicher nicht, sich auf dem Markt durchzusetzen. Zwar bewegen sich Lühmann und Herpell auf dem schnell wachsenden Feld der intelligenten Haustechnik. Doch die internationale Konkurrenz insbesondere bei Licht- und Soundsystemen ist hart. Ein per Smartphone steuerbares LED-Lichtsystem hat schon seit Jahren der Elek­tronikkonzern Philips im Programm. Die Hue-Lampen der Niederländer lassen sich in jede vorhandene Fassung schrauben und so programmieren, dass sie je nach Tageszeit die Farbe wechseln. Der Markt der kabellosen Musiksysteme wird zu wesentlichen Teilen von Marktführer Sonos dominiert. Die Kalifornier bieten diverse Lautsprecher an, die sich über mehrere Räume hinweg vernetzen lassen und die Musik ebenfalls direkt von Streamingdiensten oder von Smartphones verarbeiten.

Neues Produkt von Apple

Auch der omnipräsente Onlinehändler Amazon mischt auf dem Markt kräftig mit. Dessen zylinderförmige Musicbox Echo kann nicht nur die aktuellen Hits abspielen, sie kann mit Zusatzgeräten den Fernseher ausschalten oder die Temperatur im Schlafzimmer auf 18 Grad einstellen. Das Ganze funktioniert über Sprachbefehle, mit denen sich auch der aktuelle Wetterbericht oder passende Bahnverbindungen abrufen lassen. Einen ganz ähnlich schlauen Lautsprecher, genannt Homepod, wird der Elektronikkonzern Apple im Dezember auf den Markt bringen.

All diese Systeme sind deutlich günstiger zu haben als die Produkte von Aimotion. Während bei Philips, Amazon & Co. je nach Ausbaustufe einige Hundert Euro für die Musik- und Lichtsystem anfallen, kostet eine einzelne Deckenleute bei den Hamburgern gut 1300 Euro, ein musizierender Spiegel liegt bei 2500 Euro. „Wir wissen, dass wir uns mit unseren handgefertigten Produkten in einer Nische bewegen“, sagt Aileen Herpell. „Im Gegensatz zu anderen Herstellern bieten wir aber ein Licht- und Soundsystem aus einer Hand, das die Technik dahinter praktisch unsichtbar macht.“ In dieser Form habe dies kein anderes Unternehmen zu bieten.

An einer Erweiterung ihrer Produkte arbeiten die beiden Gründer auch schon. „Möglicherweise integrieren wir noch ein Duftmodul in unsere Spiegel. Das würde dann noch einen Sinn mehr ansprechen“, sagt Herpell.

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Text: Bob Geisler Foto: Marcelo Hernandez